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Der Bundesgerichtshof entschied (BGH, Urteil vom 18.03.2015 – VIII ZR 185/14), dass Schönheitsreparaturen vom Mieter nicht geschuldet sind, wenn ihm die Wohnung unrenoviert übergeben wurde, ohne dass er einen angemessener Ausgleich erhalten hat.

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung der Kläger in Berlin. Die Parteien vereinbarten eine Monatsmiete von 504,71 € sowie eine monatliche Betriebskostenvorauszahlung von 132,53 €. Der Mietvertrag enthielt unter anderem folgende Formularbestimmungen:

Ҥ 4 Nr.

 

Der Mieter ist verpflichtet, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen.

 

Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.

 

[…]

 

  • 14 Nr.

 

Im Allgemeinen werden Schönheitsreparaturen in den Mieträumen in folgenden Zeitabständen erforderlich:

 

in Küchen, Bädern und Duschen alle 3 Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren und Toiletten alle 5 Jahre, in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre.

 

[…].”

 

Unter § 12 Nr. 2 des Mietvertrages ist nach dem vorgedruckten Text “Hinsichtlich des Zustandes der Mietsache werden folgende Feststellungen getroffen: …” handschriftlich ergänzt:

 

“Der Mietvertrag wird per 1.10.2002 geschlossen. Mietzahlung ab 15. Oktober 2002, da Mieter noch Streicharbeiten in 3 Zimmern vornimmt.

 

[…].”

Die Kläger haben auf der Basis eines Kostenvoranschlages eines Malerbetriebes Schadensersatz für nicht beziehungsweise nicht fachgerecht vorgenommene Schönheitsreparaturen verlangt. Die Beklagten haben unter Beweisantritt geltend gemacht, die Wohnung in renovierungsbedürftigem Zustand übernommen zu haben; die bei Mietbeginn erforderliche Renovierung sei durch die Gegenleistung der Kläger in Form eines zweiwöchigen Mieterlasses nicht abgegolten worden.

Das Amtsgericht hatte der Klage – unter deren Abweisung im Übrigen – in Höhe von 5.759,69 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Verurteilung nur in Höhe von 5.453,14 € nebst Zinsen aufrechterhalten und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren hinsichtlich des Zahlungsanspruchs weiter.

Der Bundesgerichtshof entschied gegen den Kläger (Vermieter). Ein Schadensersatzanspruch des Vermieters bestehe nicht, da die Mieter nicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet  waren.

Übertragung von Schönheitsreparaturen im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Die formularmäßige Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, wenn die Wohnung bei Vertragsbeginn – wie hier – den Mietern ohne angemessenen Ausgleich unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen wird.

Mieter darf nur zur Beseitigung der Spuren des eigenen Gebrauchs der Wohnung verpflichtet werden

Der Mieter dürfe auch bei Übernahme einer unrenovierten oder renovierungsbedürftigen Wohnung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nur zu den auf seine eigene Vertragszeit entfallenden Renovierungsleistungen verpflichtet werden. Er dürfe zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung – jedenfalls nicht ohne Gewährung eines angemessenen Ausgleichs durch den Vermieter – formularmäßig nicht mit der Beseitigung von Gebrauchsspuren der Wohnung belastet werden, die bereits in einem vorvertraglichen Abnutzungszeitraum entstanden sind (vgl. Rechtsentscheide vom 1. Juli 1987 – VIII ARZ 9/86, aaO S. 265 f., 268; vom 6. Juli 1988 – VIII ARZ 1/88,

Gemessen an der Fortentwicklung der Maßstäbe für die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen sei eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt, unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Denn eine solche Klausel verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führt – jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung – dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat.

Noch deutlicher würde die Benachteiligung des Mieters, wenn die Dekoration der Wohnung bei der Übergabe an diesen bereits so abgewohnt oder verbraucht ist, dass eine weitere Verschlechterung während der Vertragslaufzeit schon aus diesem Grund praktisch nicht mehr in Betracht kommt. Führt der Mieter in diesem Fall bei Vertragsbeginn eine Renovierung durch, zu der er nicht verpflichtet ist, müsste er spätestens bei Vertragsende gleichwohl renovieren, obwohl sich die Wohnung in keinem schlechteren Zustand befindet als sie ihm bei Nutzungsbeginn überlassen worden war. Auch diese Konstellation ist nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung zugrunde zu legen und führt zur Unwirksamkeit der Vornahmeklausel, weil diese dem Mieter die Verpflichtung auferlegt, die Wohnung gegebenenfalls in einem gegenüber dem Vertragsbeginn verbesserten Zustand zurückzugeben.

Auch die Anknüpfung an den Ablauf von Renovierungsfristen nach Beginn des Mietverhältnisses ist demgegenüber nicht geeignet, eine unangemessene Benachteiligung des Mieters einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung zu verhindern. Flexible Fristen stellen auf den tatsächlichen Erhaltungszustand beziehungsweise einen bestehenden Renovierungsbedarf ab. Der Mieter ist bei einer flexiblen Renovierungsfrist zur Ausführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet, sobald es der (abgenutzte) Erhaltungszustand der Dekoration erfordert, und zwar unabhängig davon, inwieweit dieser vom Mieter oder seinem Vormieter verursacht worden ist.

Bei der Überprüfung der vertraglichen Vereinbarungen auf Wirksamkeit,  ist im Individualprozess daher jeweils danach zu unterscheiden, ob Gegenstand der Renovierungsverpflichtung des Mieters eine bei Vertragsbeginn renovierte oder eine unrenovierte beziehungsweise renovierungsbedürftige Wohnung ist (Rechtsentscheid vom 1. Juli 1987 – VIII ARZ 9/86, aaO S. 264; Staudinger/Coester, BGB, Neubearb. 2013, § 307 Rn. 113; siehe auch Pfeiffer in Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., § 307 BGB Rn. 86).

Wann ist eine Wohnung unrenoviert oder renovierungsbedürftig

Nach diesen Grundsätzen bedarf es in Fällen, in denen streitig ist, ob die Wohnung dem Mieter bei Vertragsbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergeben worden ist, tatrichterlicher Feststellungen (§ 286 Abs. 1 ZPO).

Unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist eine Wohnung nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder gar völlig abgewohnt ist. Maßgeblich ist, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum aufweist. Auf eine Abgrenzung zwischen einer nicht renovierten und einer renovierungsbedürftigen Wohnung kommt es dabei nicht an, weil beide Begriffe Mieträume mit Gebrauchsspuren beschreiben und die Grenze fließend ist (vgl. Rechtsentscheid vom 1. Juli 1987 – VIII ARZ 9/86, aaO S. 269).

Um vorvertragliche Abnutzungs- und Gebrauchsspuren zu beseitigen und damit eine “renovierte” Wohnung zu übergeben, muss der Vermieter die Mieträume bei Vertragsbeginn nicht stets komplett frisch renovieren. Im Einzelfall kann die Vornahme geringer Auffrischungsarbeiten genügen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bleiben überdies Abnutzungs- und Gebrauchsspuren außer Acht, die so unerheblich sind, dass sie bei lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fallen. Es kommt letztlich darauf an, ob die überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen unterliegt dies einer in erster Linie dem Tatrichter vorbehaltenen Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalles maßgeblichen Umstände.

Mieter muss Zustand der Wohnung bei Übergabe beweisen

Es ist Sache des Mieters, darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die Wohnung bereits bei Mietbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig war.

Zwar kann dies Beweisschwierigkeiten aufwerfen, zumal sich die Frage der Wirksamkeit einer formularmäßigen Abwälzung der Renovierungsverpflichtung auf den Mieter häufig erst bei Vertragsende stellt. Jedoch stehen dem Mieter insoweit verschiedene Beweismittel zur Verfügung.

Was sind geeignete Beweismittel?

So kann er bei Mietbeginn darauf hinwirken, dass ein gemeinsames Übergabeprotokoll gefertigt wird; daran wird regelmäßig auch der Vermieter Interesse haben. Des Weiteren kann der Mieter den Zustand der Wohnung bei Mietbeginn fotografisch festhalten.

Beweiswert kommt auch Belegen zu, welche die Renovierungskosten des Mieters dokumentieren. Schließlich können etwaige Helfer aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis oder beauftragte Handwerker als Zeugen für den Zustand der Wohnung bei Mietbeginn benannt werden.

Nach dieser Maßgabe war im entschiedenen Fall die von den Beklagten gemietete Wohnung bei Vertragsbeginn unrenoviert. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Kläger den Beklagten die Wohnung bei Mietbeginn mit Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum übergeben, weil in drei Zimmern noch Streicharbeiten vorzunehmen waren.

Angemessener Ausgleich vom Vermieter

Allerdings kann die formularvertragliche Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung gleichwohl wirksam vereinbart werden, sofern die Verpflichtung des Mieters zur Beseitigung vorvertraglicher Abnutzungsspuren durch einen vom Vermieter gewährten Ausgleich kompensiert wird, durch den der Mieter so gestellt wird, als sei ihm renovierter Wohnraum überlassen worden (vgl. BGH, Urteile vom 25. Oktober 1995 – VIII ZR 258/94, NJW 1996, 389 unter II 2 d; vom 23. April 1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238, 246 mwN). Die Parteien können sich etwa dafür entscheiden, dass der Mieter zum Ausgleich für den Renovierungsaufwand für eine bestimmte Zeit weniger oder gar keine Miete zu entrichten hat (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/5663, S. 76).

Vermieter muss beweisen, dass ein Ausgleich geleistet wurde

Die Darlegungs- und Beweislast für die Gewährung einer angemessenen Ausgleichsleistung obliegt dem Vermieter als Klauselverwender, da es sich um besondere tatsächliche Umstände handelt, die eine Benachteiligung des Vertragspartners dennoch gerechtfertigt erscheinen lassen können (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 1991 – IV ZR 187/90, aaO; Staudinger/Coester, aaO).

Halbe Monatsmiete für Streichen von 3 Zimmern nicht ausreichend

Danach fehlt es im gegebenen Fall an einem mit Rücksicht auf den Zustand der Wohnung bei Mietbeginn genügenden Ausgleich der Benachteiligung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mussten Anfang Oktober 2002 Streicharbeiten in drei Zimmern vorgenommen werden. Im Gegenzug haben die Parteien vereinbart, dass die Miete erst zur Monatsmitte zu entrichten ist. Das entspricht einem Nachlass im Umfang einer halben Monatsmiete. Dieser stellt mit Rücksicht darauf, dass hier drei von vier Zimmern der Mietwohnung betroffen waren, keine taugliche Kompensation dar.

Übertragung der Schönheitsreparaturen auf Mieter insgesamt unwirksam

Nach dieser Maßgabe ist im Streitfall die Übertragung der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen gemäß § 4 Nr. 6, § 14 Nr. 1 des Mietvertrages insgesamt unwirksam.

Vermieter blieb für Schönheitsreparaturen zuständig

An die Stelle der unwirksamen Klauseln tritt gemäß § 306 Abs. 2 BGB die dispositive gesetzliche Bestimmung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das bedeutet, dass der Vermieter mangels wirksamer Abwälzung der Schönheitsreparaturen die Instandhaltungslast in vollem Umfang zu tragen hat (st. Rspr.; siehe nur Senatsurteile vom 9. Juli 2008 – VIII ZR 181/07, BGHZ 177, 186 Rn. 20; vom 29. Mai 2013 – VIII ZR 285/12, aaO).