Was Eltern jetzt wissen sollten!
Uns erreichen dazu viele Fragen zum Umgangsrecht der getrennt voneinander lebenden Eltern. Sie sind verunsichert, wie sie ihr Umgangsrecht zur Zeit ausüben können. Dies ist ein kleiner Ausschnitt der Fragen. Derzeit können wir nur auf der Basis von anwaltlichen Erfahrungswerten vermuten, wie die Gerichte in diesen Fällen entscheiden werden.
Seit dem 24.03.2020 um 0:00 Uhr ist die Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Coronoavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 in Brandenburg in Kraft getreten.
1. Umgangsrecht wegen Einschränkung der Sozialkontakte verweigern?
Frage: Ein Elternteil hält sich nicht an die geltenden Abstandsregeln und schränkt die Sozialkontakte nicht ein. Dadurch gefährdet er/sie das gemeinsame Kind. Kann ich den Umgang verweigern?
Antwort: Wenn dieses Verhalten nachzuweisen ist, kann der Umgang verweigert beziehungsweise verschoben werden. Wird das Verhalten von dem/der Betroffenen abgestritten, sollten Sie sich in ein offenes Gespräch begeben. In diesem teilen Sie mit, dass Sie den Umgang verschieben möchten. Verdeutlichen Sie, es geht Ihnen nicht um eine Umgangsverweigerung, jedoch haben Sie eine berechtigte Sorge um die Gesundheit Ihres Kindes. Teilen Sie mit, dass Ihnen die Ausübung des Umgangs sehr wichtig ist und Sie regelmäßigen Kontakt per Telefon oder Skype usw. unterstützen. Suchen Sie konstruktive Gespräche und lassen Sie sich dabei durch Dritte, wie zum Beispiel Mediatoren oder dem Jugendamt, helfen.
2. Umgangsrecht von Eltern, die in unterschiedlichen Bundesländern leben.
Frage: Wir wohnen in jeweils unterschiedlichen Bundesländern. Unser Kind gelangt üblicherweise mit der Bahn oder dem Flugzeug zwecks Umgang zum anderen Elternteil.
Antwort: In diesem Fall sollte das Kind aktuell nicht mit der Bahn oder dem Flugzeug reisen. Kann das Kind nicht mit dem Pkw abgeholt und gebracht werden, dann ist von einem Umgang dringend abzuraten. Ermöglichen Sie dem jeweils Umgangsberechtigten einen regelmäßigen Kontakt mittels Telefon oder Videotelefonie (Skype, Facetime, WhatsApp usw.). Wir gehen davon aus, die Gerichte werden diesem Vorgehen zustimmen.
3. Umgangsrecht mit Ausnahmegenehmigung ausüben?
Frage: Dürfen die Eltern sich mit ihren Kindern im öffentlichen Raum befinden, um sie zum anderen Elternteil zwecks Ausübung des Umgangs zu bringen oder abzuholen? Benötige ich dafür eine Ausnahmegenehmigung?
Antwort: Ja, die Eltern dürfen sich diesbezüglich im öffentlichen Raum aufhalten. Entsprechend der Verordnung dürfen öffentliche Orte betreten werden, die unter anderem der Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts dienen. Eine Ausnahmegenehmigung wird daher nicht benötigt, wenn Sie sich im öffentlichen Raum aufhalten, um Ihre Kinder abzuholen oder zu bringen.
4. Umgangsrecht wenn der konkrete Verdacht auf Corona Erkrankung besteht?
Frage: Muss ich mein Kind zu mir nehmen, wenn ich vermute, dass die Mutter/der Vater unter Symptomen einer Corona-Virus-Infektion leidet?
Antwort: Hatte sich ein Elternteil in letzter Zeit in einem Risikogebiet aufgehalten oder hatte er/sie Kontakt zu einer positiv getesteten Person und leidet er/sie an Symptomen, die für eine Infizierung mit dem Corona-Virus sprechen, können Sie zunächst darauf bestehen, dass der betroffene Elternteil dies dem jeweils zuständigen Gesundheitsamt meldet. Dieses wird eine Empfehlung für das weitere Verhalten geben, ggf. eine Quarantäne aussprechen und je nach Schwere der Symptome und Kapazität eine Testung vornehmen lassen.
5. Umgangsrecht, wenn Kind am Corona-Virus erkrankt ist
Frage: Findet der Umgang statt, wenn mein Kind an dem Corona-Virus erkrankt ist, aber nicht unter den Symptomen leidet?
Antwort: In diesem Fall findet kein Umgang statt. Das Kind muss sich in Quarantäne begeben bis die Infektion ausgeheilt ist und verbleibt in dem Haushalt, in dem es sich bei der Diagnose des Corona-Virus aufgehalten hatte. Zudem könnte sich der andere Elternteil, der sich nicht mit in dem Haushalt befindet, ebenfalls durch das Kind infiziert haben, wenn er/sie ca. 14 Tage zuvor mit dem Kind im sozialen Kontakt gewesen ist. Auch hierbei wird Sie das jeweils zuständige Gesundheitsamt beraten, die Zuständigkeit richtet sich nach der Meldeadresse des Kindes.
6. Kann das Umgangsrecht wegen Ansteckungsgefahr verweigert werden?
Frage: Ein Elternteil verweigert aufgrund Ansteckungsgefahr den Umgang. Wie verhalte ich mich, wenn mein Arbeitgeber von mir verlangt, zu arbeiten, ich aber keine Betreuung für mein Kind habe?
Antwort: Üblicherweise könnten in einem gerichtlichen Verfahren Umgangszeiten geregelt werden. Würde der Elternteil diese nicht einhalten, könnte der Umgang auch vollstreckt werden und die Kosten einer anderweitigen Betreuung dem verweigernden Elternteil auferlegt werden. Dieses Vorgehen ist aber derzeit nicht möglich, da die Gerichte aktuell erst wieder voraussichtlich ab April 2020 Gerichtsverhandlungen anberaumen und dies in der aktuellen Situation nicht zu einem schnellen Ergebnis führen würde. Zudem würde in dieser Situation aufgrund der Verordnung zur Reduzierung der Sozialkontakte keine Kinderbetreuung gefunden werden.
Hier haben Sie also gar keine andere Wahl, als selber die Betreuung sicherzustellen und mit Ihrem Arbeitgeber zu reden. Sollten Sie eine Kündigung erhalten, dann lassen Sie sich hierzu anwaltlich beraten!
Achtung! Umgangsrecht darf nicht vereitelt werden!
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass der Coronavirus zu eigenen Zwecken wie zum Beispiel der Vereitelung des Umgangs oder mangels Uneinsichtigkeit bei Absehen vom Umgang nicht ausgenutzt werden soll. Sollten Eltern bereits zuvor den Umgang vereitelt haben, werden Gerichte bei Unstimmigkeiten zwischen den Eltern strenger als in anderen Corona-Fällen entscheiden und die Erziehungsfähigkeit prüfen. In besonders schweren Fällen kann das bis zum Entzug des Sorgerechts führen.
Wir empfehlen Ihnen, sich nicht nur in der durch Corona belasteten Zeit um eine gemeinsame Lösungsfindung zu bemühen. Nutzen Sie diese Corona-Zeit, um in der Zukunft den Umgang friedvoll zu gestalten. Tun Sie es für Ihre Kinder, denn diese werden sich später so verhalten, wie Sie es ihnen durch Ihr eigenes Verhalten vorleben. Installieren Sie lösungsorientierte Gespräche. Geben Sie sich einen Ruck und lassen Sie die Vergangenheit vergangen sein und wenden Sie sich der Zukunft zu. Bei Schwierigkeiten lassen Sie sich helfen!
Mehr zum Umgangsrecht beim Wechselmodell lesen Sie hier